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10 Tipps mit Schüben und Rückschlägen umzugehen

Leben mit einer chronischen Erkrankung, wie einer Autoimmunerkrankung oder einer Mastzellerkrankung (MCAS), bedeutet in der Regel ein Auf und Ab des Beschwerdelevels und das mögliche Auftreten von Verschlechterungen, sogenannten „Schüben“.

Schübe, seien sie rheumatischer Art (Lupus, Rheuma), im Rahmen chronisch entzündlicher Darmerkrankungen oder MCAS- bzw. Histamin-Schübe, sind nicht nur in körperlicher, sondern auch in psychischer Hinsicht fordernd. Sie gehen oftmals mit Zukunftsängsten einher, die die Situation noch belastender machen. Hier sind ein paar Tipps, um Schübe und Rückschläge besser mental ertragen zu können:

1.    Im Jetzt bleiben, auch wenn es schwerfällt!

Es ist völlig normal, dass einem die Gedanken in solchen Situationen „davonrennen“. Oftmals gibt es in solchen Situationen einiges zu organisieren, z. B. in Bezug auf Arzttermine, oder im schlimmsten Fall sogar Krankenhausaufenthalte und Untersuchungen.

Wichtig ist neben der Priorisierung von entscheidenden Dingen, wie z. B. sich entsprechende Hilfe zu holen und einen „Schlachtplan“ aufzusetzen, sich dazu zu zwingen, nicht in Gedanken zu verfallen, wie: „Das bleibt ab jetzt so!“, „Ich werde weiterhin so leiden“, „Was habe ich falsch gemacht?“, und der Klassiker „Warum ich?“

Generell sollte man versuchen, die Wörter „immer“ und „nie wieder“ aus seinen Gedanken zu streichen und im Jetzt zu bleiben. Hilfreich sind objektive Zustandsbeschreibungen, wie: „Gerade bin ich nicht in der Lage, xy zu essen oder yz auszuüben! Das bedeutet nicht, dass es immer so bleiben muss. Wichtig ist ebenfalls, sich vor Augen zu führen, dass man Schübe in der Vergangenheit gemeistert hat.

Schmerz erschwert häufig den gelassenen Umgang mit Schüben

2.    Sich Hilfe holen und sein Umfeld einbinden!

Oftmals fühlt man sich nicht nur selbst hilflos, sondern auch das Umfeld weiß meistens nicht, wie es damit umgehen soll oder wie es helfen kann. Das macht die Situation nicht nur für dich, sondern auch Personen in deiner Umgebung oft schwierig, die gerade möglichst gut für dich da sein wollen.

Daher ist es eine Hilfe, wenn man einen konkreten Plan aufstellt, wer was im Falle eines Schubes tun kann. Vielleicht geht dein Partner oder Partnerin einkaufen oder übernimmt bestimmte Aufgaben im Haushalt, die dir besonders schwerfallen. Eventuell kann dich einer deiner Freunde zum Arzt fahren oder einfach nur für dich da sein. (Siehe Tipp 5, um die Beziehung nicht zu sehr zu belasten.)

Nicht immer hat man Unterstützung im Familienkreis oder teilweise ließ sich bisher keine Partnerschaft mit der Krankheit vereinbaren, was es schwer macht, in diesen Notfallplan andere Leute mit einzubinden. Trotzdem kann es immer wieder Überraschungen geben, wie hilfreich auch Menschen in der Nachbarschaft oder Arbeitsbekanntschaften sein können. Versuch auch da dein Glück. Mehr als Nein kann niemand sagen!

3.    Einen Notfallplan aufstellen.

Ein Notfallplan muss nicht immer andere Leute mit einbeziehen, sondern kann auch sein, dass du gut haltbares Essen im Haus hast. Deine notwendigen Medikamente solltest du ebenfalls im Haus oder, noch besser, im Schrank neben dem Bett haben, damit du nicht aufstehen musst, um diese zu holen.

Auch mithilfe technischer Mittel lässt sich viel abfangen. Mir fällt z. B. das Tippen teilweise sehr schwer, aber eine Diktiersoftware kann einem das Leben in diesem Punkt erleichtern.

Bereite dich auf einen Notfall vor, und falls dieser eintritt, rede beruhigend auf dich ein, dass du und dein Körper das gemeinsam meistern werdet.

4.    Dein Körper ist dein Freund!

Ich weiß, dass es in manchen Momenten schwerfallen mag, so zu denken. Aber der Körper gibt sein Bestes, dich zu unterstützen. Auch wenn an manchen Stellen das Ganze vielleicht nicht gerade reibungslos läuft und das eigene Immunsystem sich in Form von unterschiedlichsten Antikörpern gegen eigene Strukturen wendet.

Versuche, dich darauf zu fokussieren, was in deinem Körper noch gut funktioniert. Du kannst entspannt atmen? Du kannst gut sehen oder hören? Verdaut dein Körper gut? Und falls nein: Heißt, er macht es nicht gut, dass er es überhaupt nicht mehr richtig ausführt? Quantifizierung ist hier das Stichwort. Wir neigen in so schlechten Phasen dazu, die besonders negativen Dinge stärker wahrzunehmen.

5.    Kampf dem Katastrophisieren!

In der Psychologie gibt es den Begriff des „State-dependent Memory“. Das bedeutet, dass es deinem Gehirn deutlich leichter fällt, Informationen abzurufen, die du im gleichen physischen und mentalen Zustand erlernt hast. Wenn es dir also besonders schlecht geht, dann wird es dir viel leichter fallen, Erinnerungen und Gefühle in dir wachwerden zu lassen, die du in einem ähnlichen Zustand erlebt hast. Das ist ungünstig in belastenden Momenten!

Mach dir daher bewusst, dass dein Gehirn gerade besonders geneigt ist, in einer Kiste mit Erinnerungen zu kramen, die deinem jetzigen Zustand am nächsten kommen. Versuch deine Gedanken aktiv auf die positiven Dinge zu fokussieren, die dir trotzdem passieren oder passiert sind!

Ein Tagebuch kann helfen Grübeleien zu unterbrechen

6.    Schreibe ein Tagebuch und unterbrich Grübeleien.

Auf die Forschung und Bedeutung eines Dankbarkeitstagebuchs bin ich schon in anderen Artikeln eingegangen. Sie schützen mittel- und langfristig vor Depressionen, aber kurzfristig ist es mit Mühe verbunden, bis sich die neue Gewohnheit verfestigt hat. Zudem fällt es einem in schlechten Phasen wegen des „State-dependent Memory“ ganz besonders schwer, gute Dinge wahrzunehmen.

Eine gute Möglichkeit kann daher sein, die kreisenden Gedanken aufzuschreiben und / oder was einem gerade in den Sinn kommt. Zu einem hilft es gegen „Grübel-Kreisläufe“, wenn man den Gedanken zu Papier gebracht hat. Zum anderen kann man seinem Kopf dann signalisieren: „Ich habe den Gedanken aufgeschrieben und wahrgenommen. Du, liebes Gehirn, musst mir diesen daher nicht noch zehnmal vorkauen!“

7.    Sich das Auf und Ab vor Augen führen.

Das Leben geht in der Regel nicht stetig bergauf und es gibt immer wieder Rückschläge. Meistens gibt es aber dazwischen bessere Zeiten, welche man oftmals in Schub-Situationen vergisst. Daher ist sehr hilfreich, sich gute Momente für die Zukunft zu dokumentieren und festzuhalten. Durch das aktive Erinnern besserer Zeiten kann man sich selbst signalisieren, dass man schon Auf und Abs in der Vergangenheit gemeistert hat. Die Betonung liegt auf den Aufs! 😉

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8.    Lenke dich ab

Suche dir Aktivitäten, die du auch in einem schlechten Zustand ausüben kannst und die dir Freude bringen und dich ablenken können. Kleine Dinge sind dabei der Schlüssel: Sei es einen bestimmten Podcast zu hören oder deine Lieblingsmusik anzuschalten, die du mit positiven Emotionen verknüpfst.

Für diese Dinge solltest du dir auch in schlechten Phasen einen festen Rahmen oder eine feste Zeit einplanen. Auch schöne Dinge müssen geplant werden! Selbst wenn du die schönen Dinge nicht länger als 10 oder 15 Minuten ausüben kannst, weil es sonst zu viel Kraft kostet, dann ist das in Ordnung. Höre bitte auf deinen Körper.

Wichtig ist, sich diese kleinen Pausen zu gönnen und nicht zu denken: „Ach, nur zehn Minuten – das bringt doch gar nichts, dann mache ich es lieber gar nicht.“ Damit nimmst du dir die Chance auf eine positive Erfahrung und bestrafst dich sozusagen noch selbst.

9.    Bitte vergleiche dich nicht!

Klar, gibt es immer jemandem, dem es besser geht. Die Kehrseite der Medaille ist aber, dass es wahrscheinlich auch jemanden gibt, dem es noch schlechter geht als dir! Das zeigt eindrücklich, dass der Vergleich der Feind der Akzeptanz ist und die belastende Situation nicht verbessert, sondern eher noch verschlimmert.

Es ist auch nicht hilfreich, sich mit seinem früheren Ich – besser gesagt, dem, was man dafür hält –  zu vergleichen. Besonders unfair und nur herunterziehend für einen selbst ist das Vergleichen mit sich selbst in einem schubfreien oder gesunden Zustand. Versuche daher, Gedankenspiralen zu stoppen und dich abzulenken.

10.    Noch mehr Hilfe.

Eins der hilfreichsten Bücher zu dem Thema ist diese Anleitung zu einem guten Leben mit und trotz chronischer Erkrankung von Toni Bernhard. Die Autorin war Rechtsprofessorin und erkrankte so schwer an CFS/ME, dass sie kaum mehr das Bett, geschweige denn das Haus verlassen kann. Sie beschreibt auf eine berührende Art und Weise, wie doch noch ein vergleichsweise erfülltes Leben möglich sein kann.

Besonders wertvoll nicht für Betroffene, sondern ganz besonders auch die Umwelt ist das Buch „How to be sick“ der gleichen Autorin. (Beides bei Amazon*)

Hast du noch weitere Tipps? Dann schreibe sie gerne in die Kommentare. Danke!

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Heilpraktikerin in eigener Praxis, Hypnosetherapeutin, Besitzerin eines verrückten Immunsystems mit autoimmunen Spezialeffekten, die sie nach ihrem Studium mit ebensolcher Hingabe medizinische anstatt wirtschaftswissenschaftlicher Abhandlungen wälzen lassen. Wenn ihre Gelenke und Mastzellen es zulassen: begeisterte Heimwerkerin

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5 Kommentare

  1. Liebe Lisa.

    Habe heute deinen Artikel entdeckt und bin so dankbar. Es ist häufig so, dass man viele „gute Dinge“ einfach vergisst, wenn der Schmerz die Kontrolle ergreift. Das war bei mir die letzte Woche so! Und du hast recht! Danke, dass ich mich erinnern darf an gute Momente, dass das Leben ein Auf und Ab ist, dass man sich ablenken darf, dass man Freunde hat…
    Ja, das Dankbarkeitsbuch ist eine geniale Geschichte, aber wie der Mensch so gestrickt ist, wird er wieder nachlässig… auch ich…
    Dank dir, liebe Lisa, habe ich mich an die schönen Dinge der letzten Zeit erinnert und an das, was ich geschafft habe. Es hilft mir gerade tatsächlich…
    Es ist gut zu wissen, dass man nicht alleine ist… und dass man hier immer auf deine Seite kommen kann.
    Ich wünsche dir ein tolles Wochenende.
    LG, Eri

    • Hallo liebe Eri,

      es freut mich, dass dir der Artikel geholfen hat. Ich weiß, dass es nicht einfach ist regelmäßig ein Dankbarkeitstagebuch zu führen – auch ich bin nicht frei davon, es manchmal nicht zu machen… Aber man kann immer wieder damit anfangen. 🙂

      Ich drücke dir alle Daumen, dass der Schmerz besser ist.

      Einen guten Wochenstart,

      Lisa

  2. Falls euch in einer vorherigen Version viele Tippfehler aufgefallen sind… Ich habe meinen eigenen Rat befolgt und diesen Artikel diktiert – danke Word, setzen 6, naja 4-! 😉

  3. Hallo Lisa,

    das Schreiben finde ich eine ausgezeichnete Idee, insbesondere das Dankbarkeitstagebuch, das du in deinem Artikel anführst. Ich verwende dafür ein schönes Notizbuch, in dem ich für jeden Tag ein Blatt reserviere. Abends, vor dem Schlafengehen, notiere ich darin mindestens 4 positive Ereignisse des TAges oder Tatsachen in meinem Leben, für die ich dankbar bin. Das bloße Blättern im Buch zeigt mir auch in schwierigen Situationen, dass es so viel in meinem Leben gibt, wofür ich dankbar sein kann.

    Eine weitere Möglichkeit mit Schreiben dem Stress zu begegnen, ist das Journaling. Mir hilft es speziell in Ausnahmesituationen, wenn die Symptome wieder mal besonders heftig sind. Dann schreibe ich alles, was mir gerade so in den Sinn kommt nieder. Dann hab ich dem Belastenden Aufmerksamkeit gezollt, aber ich muss mich nicht weiter damit beschäftigen. Frust ab- und losgelassen. Ich lese das auch nicht mehr nach. Mir gefällt daran auch, dass ich mit meinem Frust nicht andere belasten muss und ihn dennoch loswerde.

    Mir ist beim Lesen deines Artikels und der Kommentare noch etwas eingefallen, das ich nun umsetzen möchte: ich werde mir ein weiteres Büchlein anlegen: nämlich eines, in dem ich alle Erfolgserlebnisse notiere, alles was ich schon geschafft habe. Und das werde ich dann in schwierigen Situationen in die Hand nehmen, um wieder Mut und Kraft zu gewinnen.

    Ich wünsche dir und allen Betroffenen alles Liebe und Gute!
    Regina

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